20100510

ANGEL (Everybody said that she´s good in bed)

1. November 2009, Indian Ocean,  10:22 Uhr (Indian Standard Time IST)

Engelsgleich federte sie durch die Gärten, achtlos über Zäune und Hecken; ach, sagten die Leute, die hat sich verloren. So wollte i c h werden. D u, Armgard, fürchtetest ihren Wahn. Ich jedoch sehnte das Untergehen in ihrem Wogen herbei. Durchs düsterglitschige Grün suchte ich ihre Umarmung. Heftig presste ich mich ihr auf und sie öffnete sich. Empfing mich innig und brachte mich heim. Da war es um mich geschehen. Wirr hingen ihr die Korkenzieherlocken ums feine Gesicht. Immer wieder griff ich trunken hinein.

"Tauchst du nur tief genug", sagte sie, "dann siehst du, wen du liebst und geliebt hast und immer lieben wirst, in alle Ewigkeit: in der Tiefe siehst du und leidest. Ohne Entrinnen. Du wirst dich vergeben, um das zu vergessen." Ich verstand sie nicht. Sie wusste es schon. Ich verweigerte mich. Du ließest dich ein. Ich begriff es endlich. Da warst du schon dort. Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Sind wir gebunden. Ich tauchte. Du schliefst. Wir geben nichts, mach es dir klar, Armgard. Ich verschenke mich, du dienst. Wir nehmen es nur auf. Du immerhin trägst es weiter. 

Die Lockige, die ich zuerst liebte und dann verließ, war weise. Sie ließ mich schauen auf dich. Die in der Tiefe zu sehen sind, fallen aus unserer Zeit. Dass wir sie verlieren, ist unser Glück. Gib dich auf, vergib dich. Die ich sah, die wir sahen, dürfen uns nie gehören. "Keiner gehört keinem.", vernünftelst du. Armgard, ich könnte töten aus Leidenschaft. Du nicht. Ich weiß. Du lässt sie gehen ohne mit den Lidern zu zucken. Keine Eifersucht lässt die Schamhafte den Blick senken, still stehst du und duldest, fast ohne Schmerz. Das glaubte ich dir nicht. Dann sah ich dein Lächeln.

Du hast die Söhne. Keine kann sie dir nehmen. Sie sind aus dir. Denen hast du dich verschrieben. Sie tragen dich in sich, wie du sie trugst in dir. Das werde ich nie erfahren. Es ist mein Nabel, an dem die blasse Narbe schimmert, die dich nicht mehr entstellen kann. Als du den nächsten Sohn bekamst, scherzte ich: "Wir können nichts anderes." Wir lachten. Doch weiß ich im Herzen, Schwester, dass es stimmt. Keine Tochter wird uns begleiten, die mich gerettet hätte.

So hielt ich mich fern. Glitt durch die Meere. Du indes wusstest nicht, was du tatest. Traumwandlerisch bewegtest du dich auf ihn zu. Stelltest dich so dicht an ihn hin, dass du aufschauen musstest. Du wolltest in die Knie sinken, daher bautest du ihm einen Sockel. Nicht recht wohl fühlte er sich dort oben. Doch gefiel es ihm herabzuschauen auf deinen blonden Scheitel. Du glaubtest, er wähle dich. Doch hattest du ihn erhoben, der Vater zu sein, mein blindes Schwesterherz. Das ging gut. Das tat weh. Ich fühlte von Weitem mit dir. Eine Nacht schnitt es mir in die Kehle. Ich ahnte, dass er vom Sockel stürzte. Ich ahnte auch: Du hieltest still. Um der Liebe willen, die nicht vergeht. An den Ufern der Seen zweier Kontinente saßest du: Lake Michigan, Wannsee, Stechlin. Die Söhne spielten zu deinen Füßen, während du dem Plätschern lauschtest. Du wartetest. Meine Kehle war wund. Ich brachte keinen Ton hervor. Verzeih mir, Schwester, verzeih.

Sie, die wir zuerst liebten, sang von Seraphim und Cherubin, deren weiße Gewänder im sanften Wind wehten. Ihre helle Stimme beschwor Harmonien. Keiner anderen hätten wir den Kitsch verziehen. Sie aber linderte vorwegnehmend all die Schmerzen, die wir einander noch zufügen würden, geliebte Feindin Schwester: Dein Mutterherz meiner Leidenschaft, meine Sehnsucht deinem Vertrauen. Ihren Kopf in meinem Schoß wußte ich um die Not, den heilsamen Wahn, unsere ungeborene Tochter. Und ich vergab uns.

Everybody said that she's good in bed
Other people said that she's well read.

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